Vorsaison an der blauen Küste, das heißt „savoir vivre“ at its best: Die schnuckeligen Jungs in den Beach Clubs erfüllen jede Menge Extra-Wünsche und hören geduldig das Pidgeon-Französisch der deutschen Besucher an, die Restaurants servieren ihre Spezialitäten perfekt und a la minute und das Bummeln durch die schicken Boutiquen kann ohne Geschiebe ablaufen und das Licht, ja , das Licht ist sowieso im Juni am intensivsten und klarsten. Alors, a bientot a la Cote d’Azur!
Langsam läuft Laurent die Ideal-Linie ab. Inspiziert jede Unebenheit. Entfernt kleine Kieselsteine. Zwei Mal geht er hin und her. Dann nimmt er im Start-Kreis Position ein. Steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden. Geht in die Knie, schwingt den rechten Arm nach hinten und wirft die silberne Kugel gefühlvoll durch die Luft. Die triffft gut einen Meter vor dem roten Mini-Ball auf, rollt, kommt haarscharf davor zum Stillstand.
Seine copains nicken anerkennend. „Tres bien, Laurent!
„Petanque“, dieses so simple Wurfspiel, das wir als schnödes (italienisch) Boccia kennen, ist in der Provence Volkssport. Und in St. Tropez so alt wie die Platanen auf dem place de Lices. Ein Tradition, die jedes Jahr im Juli für zwei Tage ihren Höhepunkt erreicht. Dann kämpfen die weltbesten Petanque Spieler hier um den Sieg, die Trophäe Senequier. Ausgelobt von dem nicht minder berühmten gleichnamigen Brasserie am Vieux Port, die mit den roten Stühlen….
Die schnörkeligen Eisenbänke sind zu verlockend. Und bieten freie Sicht auf die Szenerie. Der nächste Spieler kontrolliert ebenso den Weg seiner Kugel, wirft, läuft zu den Kugeln, inspiziert sein Ergebnis. Der nächste Spieler tut es ihm gleich. Und so geht es immer wieder weiter. Ein schöner Gleichklang des Geschehens, das den Beobachter aus der Zeit fallen läßt hinein in einen herrlichen Müßiggang. Die Geräusche drumherum verblassen, allein das Rascheln der Platanen und der melodische Singsang durch zu viele Gitanes rauchig gefärbter Stimmen dringt noch hinüber.
Petanque wurde in der Provence erfunden, Anfang des 20.Jahrhunderts. Erfinder soll ein gewisser Jules Le Noir gewesen sein, der im südfranzösischen La Ciotat, nahe der Gemeinde Cassis, lebte. Der spielte wahnsinnig gut Boule. Als er an Rheuma erkrankte war es allerdings vorbei mit den nötigen drei Schritten Anlauf, die das heute noch populäre Jeu Provençal verlangt. Und er schaffte auch nicht mehr die erforderliche Distanz zwischen Abspielkreis und Zielkugel, die zwischen 15 und 21 Metern liegen sollte. Aus der Not entstand die abgewandeltre Spielform, das heutige „Petanque“, das. auf kürzere Entfernung und ohne Anlauf gespielt wird: Und mit geschlossenen Füßen! Nämlich auf französisch „pieds tanqués“, was wiederum im provenzalischen Dialekt „ped tanco“ heißt.