Jobs an Bord: Anna (27) aus Basel, Kreuzfahrt-Direktorin

Royal Clipper

Die Royal Clipper, das größte Fünfmast-Vollschiff der Welt, ein Nachbau der deutschen Preussen (1902 bis 1910)

Anna haben wir vor sieben Jahren das erste Mal auf einem Kreuzfahrtschiff getroffen. Da war sie im Sport-Team bei Star Clippers beschäftigt. Ein Jahr später machte sie Karriere als jüngste Kreuzfahrt-Direktorin auf See. Sie wurde ins kalte Wasser geworfen und hat ihre Chance genutzt. Wir haben sie damals für AZUR interviewt. Heute beantwortet sie uns in der Reihe „Jobs an Bord“ unsere Fragen:

 

Ausschnitt AZUR-Reportage Interview Kreuzfahrtdirektorin

Ausschnitt aus Interview aus der AZUR 2010

Cruise Direktor bei Sta Clippers

Anna Langström als Cruise Directorin

Kreuzfahrt-Direktorin Anna Längström (27) aus Basel/Schweiz
Welche Funktion hast du an Bord?
Ich habe als Cruise Director bzw. Chief Operations Officer auf allen drei Segelschiffen der Reederei Star Clippers gearbeitet. Darunter ist aber nicht dasselbe zu verstehen wie auf grossen Schiffen, Dort ist die Position des Cruise Directors eher auf das Entertainment fokussiert, wo Unterhaltungsangebote von Theater bis Casino angeboten werden.

Bei Star Clipper ist die Position des Cruise Director / COO  organisatorisch orientiert. Die Nautik steht auf Segelschiffen im Vordergrund. Das bedeutet, dass wir viel eher vom Wetter und von Segelbedingungen abhängig sind. Erst darauf aufbauend kann ich andere Dinge wie z.B. Landausflüge, Ladung, Unterhaltung, Essenszeiten etc. planen. Passiert man ein windiges Gebiet, müssen evtl. die Essenszeiten verschoben werden, weil die Küche bei viel Seegang nicht arbeiten kann. Das bedeutet wiederum, dass evtl. ein Ausflug erst später beginnen kann und dadurch andere Aktivitäten verschoben werden etc. Die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen ist also viel enger.

Welche Aufgaben hattest du?
Ich kümmerte mich um die gesamten Abläufe an Bord, d.h. Planung des Tagesprogramms in Absprache mit allen anderen Abteilungen, Hafenpapiere, Agentenkommunikation, Guest Relations, Gästeinformation (z.B. Hafeninfo), Ausflugswesen, Buchhaltung und teilweise auch Unterhaltung. Je kleiner das Schiff ist, umso mehr Aufgaben fallen an pro Person.

Allerdings gibt es keinen typischen Arbeitstag: Mal wird das Mittagessen verschoben, weil ein Ausflug zu spät zurück kommt. Mal hängt man drei Stunden mit Lufthansa am Telefon, weil ein Koffer aus Sydney in Dubai liegen blieb und fehlt. Mal muss man einen Hafen absagen und einen neuen suchen weil das Wetter schlecht ist. So gibt es zwar theoretisch einen Aufgabenkatalog für den man zuständig ist, aber jeden Tag passiert etwas neues, wo man sich wieder mit anderen Menschen in einer anderen Form kurzschliessen muss. Da wird einem wirklich nie langweilig, man erlebt so ziemlich alles vom Sturm über Todesfälle bis Heiratsanträge.

Welche Ausbildung hast du?
Ich habe Jura studiert und mich auf Seerecht spezialisiert.

Seit wann arbeitest du auf See? 
Seit 2008. Davor war ich mit meiner Mutter häufig als Gast auf den Star Clipper-Seglern und habe Gefallen daran gefunden, auf See zu arbeiten.

Wer waren bisher deine Arbeitgeber?
Vor meiner Zeit auf See und teilweise auch gleichzeitig habe ich viel im Eventbereich gearbeitet, z.B. als VIP-Betreuer bei der Fussball-EM. Ich fand immer jene Jobs besonders reizvoll, bei denen man gerade nicht viel planen kann.

Star Flyer, Brücke

Immer gerne gesehen: Mitmachen an Bord der Star Clipper-Segler

Wie hast du bisher Karriere auf See gemacht?
Ich habe vor meinem Studium von 2008 bis 2009 acht Monate als Sports Attendant bei Star Clippers das Sport-Team an Bord unterstützt. Danach könnte ich auch während meines Studiums sieben Jahre lang weiter dort arbeiten. Ich war bis vor einem Monat auf allen drei Schiffen Royal Clipper, Star Flyer und Star Clipper als Cruise. Zuletzt waren wir im Mittelmeer unterwegs. Auf See macht man auch regelmässig diverse Fortbildungen vor allem im Sicherheitsbereich, heutzutage aber auch z.B. für Piraterie-Prävention oder Terrorabwehr.
Im Prinzip bildet man sich täglich weiter, indem man alle Vorgänge an Bord auswertet und ständig seine Standards verbessert.

Welche Nachteile hat ein Job auf See?
Dass man sich absolut gar nicht abgrenzen kann, um wenigstens ein paar Minuten Freizeit oder Privatleben zu haben. Die Gäste meinen manchmal, dass man ja nur in den Ferien ist und von einem Karibikstrand zum nächsten fährt, aber die Realität sieht anders aus. Man muss jeden Tag 200% geben, hat nie einen freien Tag oder ein Wochenende, obwohl man vielleicht mal krank ist oder sich nicht so gut fühlt. Wenn man das acht bis zehn Monate durchzieht, hat man einige Arbeitsstunden auf dem Buckel fernab vom Karibikstrand. Ich habe auch viele enorm anspruchsvolle Gäste getroffen, die keine Grenzen kennen und einen morgens um drei hysterisch aus dem Bett klingeln, weil ihr Zigarettenpaket leer ist. Je mehr die Gäste bezahlen, umso eher wird man attackiert wenn etwas nicht funktioniert, aber Sonnenschein etc. kann man leider nicht kaufen. Da fällt es einem manchmal schwer, abends abzuschalten, weil man im Prinzip im Büro schläft und 24 Stunden on call ist.

Was gefällt dir besonders an deinem Job?

Man wohnt, lebt und arbeitet auf engstem Raum mit zunächst wildfremden Menschen. Gemeinsam hat man, dass man 200 Porzent  bringen muss und zwar jeden Tag, egal ob gerade ein Sturm tobt (im wahrsten Sinne des Wortes), ob man ein Problem mit einem Kollegen hat oder sonst irgendwelche Herausforderungen bestehen. Wenn man dann eine Aufgabe gemeinsam meistert, schweisst das enorm zusammen. Andererseits lernt man wirklich Freunde fürs Leben kennen, die einem in jeder Lebenslage das letzte Hemd geben würden, und das ist unglaublich wertvoll. Als Kollegen und Freunde wird man auf See viel extremer auf Probe gestellt und muss sich bedingungslos beistehen, wie es an Land gar nie vorkommt. Konflikte muss man vor Ort lösen, weil man kein Wochenende dazwischen schieben kann. Dabei lernt man sehr wichtige Dinge fürs Leben, und das bringt einen enorm weiter. Darüber hinaus is der Job einfach unglaublich abwechslungsreich, und man erlebt jeden – wirklich jeden Tag was neues und aufregendes.

Welche Zukunftspläne hast du?
Ich möchte nun vorwiegend an Land arbeiten, allerdings in der gleichen Branche. Während meines Studiums habe ich mich auf internationales Recht und Seerecht spezialisiert, sodass ich gerne bei einer Reederei an Land arbeiten würde. Aber mein Motto ist ohnehin : Life is what happens to you while you are busy making other plans… Aus geplanten drei Monaten auf See wurden letztlich auch acht Jahre :).

Infos zur Reederei:

http://star-clippers.de/

Hier findet ihr eine weitere Rportage von Star Clippers:

http://www.azur.de/wp-content/themes/azur/files/reportagen/costarica_star_flyer.pdf

Weitere Interviews aus der Reihe „Jobs an Bord:

http://diekreuzfahrtblogger.de/jobsanbord-teensbetreuer-meinschiff2/

http://diekreuzfahrtblogger.de/kreuzfahrten-jobsanbord-gaestebetreuer1/

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